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Rechten ober zur Linken setzen und so beti Kreis durch Norden
und Osten bis wieder zu Süden vollenden sollte; und wenn in
einem Tage durch ein Wunder alle Sternbilder zwar übrigens
dieselbe Gestalt und ebendieselbe Stellung gegen einander behielten,
nur daß die Richtung derselben, die sonst östlich war, jetzt westlich
geworden wäre, so würde in der nächsten sternhellen Nacht zwar
kein menschliches Äuge die geringste Veränderung bemerken, und
selbst der Astronom, wenn er bloß auf das, was er sieht, und nicht
zugleich auf das, was er fühlt, Ächt gäbe, sich unvermeidlich des-
orientieren: so aber kommt ihm ganz natürlich das zwar durch die
Natur-angelegte, aber durch öftere Ausübung gewohnte Unter-
scheidungsvermögen durchs Gefühl der rechten und linken Hand
zu Hülfe, und er wird, wenn er nur den Polarstern ins Auge
nimmt, nicht allein die vorgegangene ^Veränderung bemerken, son-
dern sich auch ungeachtet derselben orientieren können. Ebenso
orientiere ich mich im Finstern in einem mir bekannten Zimmer,
wenn ich nur einen einzigen Gegenstand, dessen Stelle ich im Gedächt-
nis habe, anfassen kaun. Aber hier hilft mir offenbar nichts, als
das Bestiminungsvermögen der Lagen nach dem Gefühl für Rechts
und Links; denn hätte jeinand mir zum Spaße alle Gegenstände
zwar in derselben Ordnung unter einander, aber links gesetzt, was
vorher rechts war, so würde ich mich in einem Zimmer, wo
sonst alle Wände ganz gleich wären, gar nicht stnden können.
So aber orientiere ich mich bald bind) das bloße Gefühl eines
Unterschiedes meiner zwei Seiten, der linken und der rechten. Eben
das gefchieht, wenn ich zur Nachtzeit auf mir sonst bekannten
Straßen, in denen ich jetzt kein Haus unterscheide, gehen und mich
gehörig wenden soll.
Da aber das verschiedene Gefühl der rechten und linken Seite
zum Urtheil der Gegenden von so großer Nothwendigkeit ist, so
hat die Natur es zugleich au die mechanische Einrichtung des mensch-
lichen Körpers geknüpft, vermittels deren die eine, nämlich die
rechte Seite einen ungezweifelten Vorzug der Gewandtheit und
vielleicht auch der Stärke vor der linken hat. Daher alle Völker
der Erde rechts sind, wenn man einzelne Ausnahmen bei Seite
setzt, welche, so wie die des Schielens, die Allgemeinheit der Regel
nach der natürlichen Ordiunug nicht umstoßen können. Man be-
wegt seinen Körper leichter von der Rechten gegen die Linke, als
diesem entgegen, wenn man aufs Pferd steigt oder über einen
Graben schreitet. Man schreibt allerwärts mit der rechten Hand,
und mit ihr thut man alles, wozu Geschick und Stärke erfordert
wird. So wie aber die rechte Seite vor der linken den Vortheil
der Bewegkraft zu haben scheint, so hat die linke ihn vor der
rechten in Ansehung der Empfindsamkeit, wenn man einigen
Naturforschern glauben darf, z. E. dem Borelli und Bonnet,
deren der erstere von dem linken Auge, der andere auch vom linken
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rechte Wirkung von unten nach oben, hat sich am auffallendsten
bei dem Umstürze der Stadt Niobamba (1797) gezeigt, wo viele
Leichname der Einwohner ans den mehrere hundert Fuß hohen
Hügel la Cullca, jenseit des Flüßchens von Lican, geschleudert
wurden. Die Fortpflanzung geschieht meist in linearer Richtung wel-
lenförmig, mit einer Geschwindigkeit von fünf bis sieben geogra-
phischen Meilen in der Minute; theils in Erschütterungskreisen oder
großen Ellipsen, in denen wie aus einem Centrum di-e Schwingungen
sich mit abnehmender Stärke gegen den Umfang fortpflanzen. Es
giebt Gegenden, die zu zwei sich schneidenden Erschütterungskreisen
gehören. Wenn die Erschütterungskreise sich durchschneiden, wenn
z. B. eine Hochebene zwischen zwei gleichzeitig in Ausbruch be-
griffenen Vulkanen liegt, so können mehrere Wellensysteme gleichzeitig
existieren und, wie in den Flüssigkeiten, sich gegenseitig nicht stören.
Die kreisenden (rotatorischen) Erschütterungen sind die
seltensten, aber am meisten gefahrbringend. Umwenden von Ge-
mäuer ohne Umsturz, Krümmung von vorher parallelen Baum-
pflanzungen, Verdrehung von Äckern, die mit verschiedenen Ge-
treidearten bedeckt waren, sind bei dem großen Erdbeben von Nio-
bamba, in der Provinz Quito (4. Februar 1797), wie bei dem
von Calabrien (5. Februar — 28. März 1782) beobachtet worden.
Mit dem letzteren Phänomen des Verdrehens oder Verschiebend
der Äcker und Culturstücke, von welchen gleichsam eines den Platz
des andern angenommen, hängt eine translatorische Bewegung
oder Durchdringung einzelner Erdschichten zusammen. Als ich den
Plan der zerstörten Stadt Niobamba aufnahm, zeigte man mir
die Stelle, wo das ganze Hausgeräth einer Wohnung unter den
Ruinen einer anderen gesunden worden war. Das lockere Erd-
reich hatte sich wie eine Flüssigkeit in Strömen bewegt, von denen
man annehmen muß, daß sie erst niederwärts, dann horizontal und
zuletzt wieder auswärts gerichtet waren. Streitigkeiten über das
Eigenthum solcher viele hundert Toisen weit fortgeführten Gegen-
stände sind von der Audieneia, dem Gerichtshöfe, geschlichtet worden.
In Ländern, wo die Erdstöße vergleichungsweise seltener sind,
z. B. im südlichen Europa, bat sich der sehr allgemeine Glaube
gebildet, daß Windstille, drückende Hitze, ein dunstiger Horizont
immer Vorboten der Erscheinung seien. Das Jrrthümliche dieses
Volksglaubens ist aber nicht bloß durch meine eigene Erfahrung
widerlegt; es ist es auch durch das Resultat der Beobachtungen
aller derer, welche viele Jahre in Gegenden gelebt haben, wo, wie
in Cumana, Quito, Peru und Chili, der Boden häufig und ge-
waltig erbebt. Ich habe Erdstöße gefühlt bei heiterer Luft und
frischem Ostwinde, wie bei Regen und Donnerwetter.
Dw Stärke des dumpfen Getöses, welches das Erdbeben
größtenteils begleitet, wächst keineswegs in gleichem Maße, als
die Stärke der Oscillationen. Ich habe genau ergründet, daß
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Extrahierte Personennamen: Hügel_la_Cullca
Extrahierte Ortsnamen: Niobamba Nio- Niobamba Europa Cumana Quito Peru
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Nb. Der concipierende Anwalt sah einen Knaben in Eng-
land, der mit beiden Händen gleich fertig schrieb, ohne irgend ein
Kunststück, als daß man ibn gewöhnte, die nämliche Vorschrift
wechselsweise mit der linken und rechten Hand abzuschreiben; denn
beide Hände müssen gleich geübt werden. Als Jouvenetss durch
einen Schlagfluß gelähmt ward, sicug er mit glücklichem Erfolg au,
mit der linken Hand zu malen, und es ist nach einem seiner histo-
rischen Gemälde ein Kupfer mit der Unterschrift bekannt: ‘P. Jou-
venet dextra paralyticus sinistra pinxit.’ Jeder Jnstrumentspieler er-
fährt, wie gelehrig die linke Hand sei. Die Sache verdient aller
Erziehungsphilosophen Aufmerksamkeit.
63.
I p r ü ch e.
Don Goethe.
Werke. Stuttgart und Tübingen 1840. Iii, 19- 43.
Über ein Ding wird viel geplaudert,
Viel berathen und lange gezaudert,
Und endlich giebt ein böses Muß
Der Sache widrig den Beschluß.
'Was schmückst du die eine Hand
denn nun
Weit mehr, als ihr gebührte?'
Was sollte denn die linke thun,
Wenn sie die rechte nicht zierte?
Eines schickt sich nicht für alle!
Sehe jeder, wie er's treibe,
Sehe jeder, wo er bleibe,
Und wer steht, daß er nicht falle.
64.
Das Gefühl für Rechts und Linkst)
Von Kant.
Werke, herausg. von Hartenstein. Leipzig 1838 n. 39. I, 123. Iii, 119.
Sich orientieren heißt in der cigeutlicheu Bedeutung des Worts:
aus einer gegebenen Wellgegend, in deren vier wir den Horizont
eintheilen, die übrigen, namentlich den Ausgang zu finden. Sehe
ich die Sonne am Himmel und weiß, daß es nun die Mittagszeit
ist, so weiß ich Süden, Westen, Norden und Osten zu finden.
Zu diesem Behufe bedarf ich aber durchaus das Gefühl eines Un-
terschiedes der rechten und linken Hand. Ich nenne es ein
Gefühl, weil diese zwei Seiten äußerlich in der Anschauung keinen
merklichen Unterschied zeigen. Ohne dieses Vermögen würde ich
nicht wissen, ob ich Westen dem Südpunkte des Horizonts zur 1
1) Ein französischer Historienmaler, st 1717.
2) Reichen Stoff zur Besprechung dieses Lesestücks bietet Iac. Grimm' Geschichte der
deutschen Sprache Kap. Xl. -Recht und link.'
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T139: [Donau Rhein Main Tiefebene Teil Jura Alpen Tiefland Gebiet Fluß], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T172: [Dichter Zeit Gedicht Schiller Werk Goethe Maler Dichtung Lied Hans], T180: [Erde Punkt Sonne Kreis Linie Ort Horizont Richtung Aequator Zone]]
131
84.
Über das tlord ticht.
Von Alexander von Humboldt.
Kosmos. Stuttgart und Tübingen 1845- I, 199.
Wenn man alle Einzelheiten der Erscheinung in ein Bild zu-
sammenfassen will, so sind die Entstehung und der Verlauf eines
sich ganz ausbildenden Nordlichtes also zu bezeichnen. Tief am
Horizont, ungefähr in der Gegend, wo dieser vom magnetischen
Meridian durchschnitten wird, schwärzt sich der vorher heitere Him-
mel. Es bildet sich wie eine dicke Nebelwand, die allmählich auf-
steigt und eine Höhe von acht bis zehn Graden erreicht. Die Farbe
des dunklen Segments geht ins Braune oder Violette über. Sterne
sind sichtbar in dieser, wie durch einen dichten Rauch verfinsterten
Himmelsgegend. Ein breiter, aber hell leuchtender Lichtbogen, erst
weiß, dann gelb, begrenzt das dunkle Segment; da aber der glän-
zende Bogen später entsteht, als das rauchgraue Segment, so kann
man nach Argelander letzteres nicht einem bloßen Contraste mit
dem helleren Lichtsaume zuschreiben. Der höchste Punkt des Licht-
bogens ist, wo er genau gemessen worden ist, gewöhnlich nicht ganz
im magnetischen Meridian, sondern fünf bis achtzehn Grade ab-
weichend nach der Seite, wohin die Magnetdeclination des Ortes
sich richtet. Im hohen Norden, dem Magnetpole sehr nahe, er-
scheint das ranchähnliche Kngelsegment weniger dunkel, bisweilen
gar nicht. Dort auch, wo die Horizontalkraft am schwächsten ist,
siebt man die Mitte des Lichtbogens von dem magnetischen Meri-
dian am weitesten entfernt.
Der Lichtbogen, in stetem Aufwallen und formveränderndem
Schwanken, bleibt bisweilen Stunden lang stehen, ebe Strahlen
und Strahlenbündel ans demselben hervorschießen und bis zum
Zenitb hinaufsteigen. Je intensiver die Entladungen des Nord-
lichts sind, desto lebhafter spielen die Farben vom Violetten und
bläulich Weißen durch alle Abstufungen bis in das Grüne und
Purpurrothe. Auch bei der gewöhnlichen, durch Reibung erregten
Elektricität ist der Funke erst dann gefärbt, wenn nach großer
Spannung die Explosion sehr heftig ist. Die magnetischen Feuer-
säulen steigen bald ans dem Lichtbogen allein hervor, selbst mit
schwarzen, einem dicken Rauche ähnlichen Strahlen gemengt; bald
erheben sie sich gleichzeitig an 'vielen entgegengesetzten Punkten des
Horizontes und vereinigen sich ui ein zuckendes Flammenmeer, dessen
Pracht keine Schilderung erreichen kann, da es in jedem Augen-
blick seinen leuchtenden Wellen andere und andere Gestaltungen
giebt. Die Intensität dieses Lichts ist zu Zeiten so groß, daß
Lowenörn (29. Jan. 1786) bei hellem Sonnenscheine Schwingungen
des Polarlichtes erkannte. Die Bewegung vermehrt die Sichtbar-
keit der Erscheinung. Um den Punkt des Himmelsgewölbes, welcher
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TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T27: [Erde Linie Punkt Breite Länge Kreis Ort Meile Winkel Meridian]]
TM Hauptwörter (200): [T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T180: [Erde Punkt Sonne Kreis Linie Ort Horizont Richtung Aequator Zone]]
Extrahierte Personennamen: Alexander_von_Humboldt Alexander